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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter - Februar 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:

 

1.1 EuGH verwirft Sofortbesteuerung stiller Reserven bei Sitzverlegung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im November 2011 eine erste Entscheidung zur Wegzugsbesteuerung von Kapitalgesellschaften gefällt. Das Gericht nahm darin erstmals zur europarechtlichen Beurteilung der sofortigen Besteuerung stiller Reserven im Fall der Entstrickung von Betriebsvermögen Stellung.

Sachverhalt

Streitig war die Europarechtskonformität einer Regelung des niederländischen Steuerrechts, die bei Wegzug einer niederländischen Kapitalgesellschaft eine Schlussbesteuerung anordnet. Ähnliches sieht auch das deutsche Körperschaftsteuergesetz vor. Die niederländische Kapitalgesellschaft in Firma "National Grid Indus B. V." war nach niederländischem Recht gegründet worden und verlegte einige Jahre später ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nach Großbritannien. Nach dem geltenden Doppelbesteuerungsabkommen war sie damit in Großbritannien ansässig. Da mit der "Sitzverlegung" in den Niederlanden keine Gewinne mehr versteuert werden mussten, erfolgte eine Schlussbesteuerung, bei der ein Währungsgewinn in Höhe von ca. 22 Mio. niederländische Gulden (NLG) besteuert wurde.

Entscheidung

Die Schlussbesteuerung verstößt nach Auffassung des EuGH gegen die Niederlassungsfreiheit. Allerdings lässt sich dies vor dem Hintergrund einer sachgerechten Aufteilung des Besteuerungssubstrats grundsätzlich rechtfertigen. Überzogen ist dagegen die sofortige Fälligkeit der Steuer. Nach Ansicht des EuGH hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er einer Sofortbesteuerung zustimmen oder eine Nachverfolgung der stillen Reserven durch Abgabe einer jährlichen Erklärung Folge leisten will. Der Fiskus des Wegzugslandes kann gegebenenfalls eine Sicherheit (in Form einer Bankbürgschaft) sowie Stundungszinsen fordern (so zumindest erste Stimmen aus der Finanzverwaltung). Er muss dagegen nicht - wie noch in den Schlussanträgen der Generalanwältin zum Ausdruck kommend - nachträgliche Wertänderungen berücksichtigen, weil sich dies durch die steuerliche Erfassung im Zuzugsland reguliert.

Konsequenz

In der Fachliteratur wird überwiegend vertreten, dass die deutschen Regelungen zur Entstrickung durch die Entscheidung des EuGH europarechtswidrig geworden sind und nicht angewandt werden können. Darüber hinaus werden Folgewirkungen bei den Vorschriften zur Funktionsverlagerung erwartet. Vertreter der Finanzverwaltung sehen im Gegensatz dazu positive Aspekte für die Verwaltung, der nunmehr die Einforderung von Sicherheiten und Zinsen eröffnet werde.


1.2 Veröffentlichung des neuen Umwandlungssteuererlasses

Einleitung

Durch das sog. SEStEG vom 7.12.2006 wurde das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) neu gefasst. Ziel des neuen UmwStG war u. a. die europarechtskonforme Ausgestaltung, die insbesondere durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auch auf Umwandlungen innerhalb der EU erreicht werden sollte. Nachdem die Finanzverwaltung Anfang Mai 2011 nach langer Wartezeit ihre Auffassung zum neuen UmwStG im Entwurf des neuen Umwandlungssteuererlasses (UmwStE) dargelegt hat, einigten sich Bund und Länder am 11.11.2011 über den endgültigen Inhalt des neuen Erlasses. Die wichtigsten Punkte und Änderungen gegenüber der Entwurfsfassung werden im Folgenden kurz dargestellt.

Begriff des Teilbetriebs

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war ein Teilbetrieb ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich alleine lebensfähig ist (nationales Teilbetriebsverständnis). Zukünftig soll sich der Teilbetrieb aber ausschließlich nach dem europäischen Teilbetriebsbegriff, wie er in der Fusionsrichtlinie definiert wird, bestimmen.

Umfang des Teilbetriebs

Ging man bislang davon aus, dass einem Teilbetrieb nur die funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen zugeordnet werden müssen, sind nach dem neuen UmwStE einem Teilbetrieb daneben auch diejenigen Wirtschaftsgüter, die mit dem Teilbetrieb wirtschaftlich zusammenhängen, zuzuordnen. Diese Verschärfung dürfte in der Praxis für erhebliche Schwierigkeiten sorgen.

Zeitpunkt des Vorliegens eines Teilbetriebs

Nach geänderter Auffassung der Finanzverwaltung müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebs bereits am steuerlichen Übertragungsstichtag gegeben sein. Entgegen des bisherigen Verständnisses, wonach die Voraussetzungen erst im Zeitpunkt des Umwandlungs- oder Einbringungsbeschlusses vorliegen mussten, können somit im steuerlichen Rückwirkungszeitraum keine (letzten) organisatorischen, personellen oder sonstige Maßnahmen mehr getroffen werden, um den Anforderungen eines Teilbetriebs zu genügen. Ein Teilbetrieb im Aufbau ist nach Auffassung der Finanzverwaltung somit nicht mehr ausreichend.

Übergangsregelungen

Das geänderte Verständnis der Finanzverwaltung zu Begriff, Umfang und Zeitpunkt des Vorliegens eines Teilbetriebs stellt eine erhebliche Verschärfung gegenüber dem alten UmwStE dar. Hier wurde daher eine Übergangsregelung geschaffen: Bei Umwandlungsbeschlüssen und Einbringungsverträgen, die bis zum 31.12.2011 getroffen bzw. geschlossen wurden, soll es ausreichend sein, wenn dem bisherigen Verständnis an die Teilbetriebsanforderungen entsprochen wird.

Gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlagen

Wird eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage von mehreren Teilbetrieben gleichzeitig genutzt, steht dies nach Auffassung der Finanzverwaltung einer steuerneutralen (Auf- oder Ab-)Spaltung entgegen. Eine Ausnahme gilt lediglich für Grundstücke, wenn diese zivilrechtlich bis zum Spaltungsbeschluss real aufgeteilt werden. Im Einzelfall soll bei Grundstücken aus Billigkeitsgründen auch eine ideelle Teilung im Wege des Bruchteilseigentums ausreichend sein. Stellt in der Praxis eine gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlage ein Spaltungshindernis dar, so bietet sich aus gestalterischer Sicht die Einbringung als Alternative zur Spaltung an. Im Gegensatz zur (Ab-)Spaltung stellt die Einbringung nämlich keine Voraussetzungen an die steuerliche Qualifikation des zurückbleibenden Vermögens.

Mitunternehmer-Anteile sind keine wesentliche Betriebsgrundlage

Nach erheblicher Kritik seitens der Verbände und des Schrifttums hat die Finanzverwaltung ihre im Mai-Entwurf vertretene Auffassung, wonach auch Mitunternehmer-Anteile wesentliche Betriebsgrundlage eines Teilbetriebs sein können und folglich für eine Buchwertfortführung zwingend mitzuübertragen sind, aufgegeben. Wie bereits nach altem Verständnis sind Mitunternehmer-Anteile auch zukünftig unter keinen Umständen als wesentliche Betriebsgrundlage zu qualifizieren.

Antrag auf Buchwert- oder Zwischenwertansatz

Sofern die entsprechenden Voraussetzungen für einen Buch- oder Zwischenwertansatz vorliegen, kann dieser nach dem Gesetzeswortlaut nur auf Antrag gewährt werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist zusätzlich zu diesem Antrag das Aufstellen einer steuerlichen Schlussbilanz zwingend erforderlich. Diese Schlussbilanz ist dabei nicht mit einer "normalen" steuerlichen Jahresbilanz gleichzusetzen. Eine solche Gleichstellung kann nur dann gelingen, wenn ausdrücklich erklärt wird, dass die reguläre Jahressteuerbilanz der steuerlichen Schlussbilanz entsprechen soll. Eine solche Erklärung könne sodann auch als konkludent gestellter Antrag auf Buchwertansatz gesehen werden. Übergangsregelung: Für Altfälle verzichtet die Finanzverwaltung auf die gesonderte Abgabe einer steuerlichen Schlussbilanz, wenn zum Einen bis zum 31.12.2011 ein unwiderruflicher Antrag auf Buchwertfortführung gestellt und zum Anderen eine steuerliche Jahresbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag bis zum 31.12.2011 eingereicht wurde und diese der steuerlichen Schlussbilanz entspricht.

Einbringung in Personengesellschaft

Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhof vertritt die Finanzverwaltung die (für den Steuerpflichtigen günstige) Ansicht, dass auch die 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb qualifiziert und somit aus einem Betriebsvermögen steuerneutral in eine Personengesellschaft eingebracht werden kann.

Verschmelzungen auf und Einbringung in Organgesellschaften

Nach Auffassung der Finanzverwaltung im finalen UmwStE können nunmehr Umwandlungen auf bzw. Einbringungen in Organgesellschaften zu Buchwerten erfolgen, wenn das dem Organträger zugerechnete Einkommen der Körperschaftsteuer unterliegt. Soweit das zugerechnete Einkommen indes letztendlich der Besteuerung mit Einkommensteuer unterliegt, will die Finanzverwaltung die Buchwertfortführung nur aus Billigkeitsgründen und nur dann gewähren, wenn ein entsprechender Antrag aller an der Umwandlung Beteiligten gestellt wird.

Fazit

Der finale UmwStE enthält zwar im Vergleich zur Mai-Fassung noch etliche Änderungen, bleibt jedoch weit hinter den zahlreichen Verbesserungsvorschlägen seitens der Verbände und des Schrifttums zurück. Die erheblichen Verschärfungen gegenüber dem alten UmwStE aus dem Jahr 1998 sind zukünftig zwingend zu beachten, insbesondere da die von der Finanzverwaltung zum Teil gewährten Übergangsregelungen nur für Umwandlungsbeschlüsse und Einbringungsverträge gelten, die bis zum 31.12.2011 erfolgten bzw. geschlossen wurden.

1.3 Darlehensrückzahlung im Insolvenzverfahren

Kernaussage

Vor Inkrafttreten der GmbH-Rechtsreform zum 1.11.2008 unterlagen die in der Krise gewährten oder der GmbH belassenen Gesellschafterdarlehen dem so genannten Eigenkapitalersatzrecht. Hiernach durfte eine Rückzahlung dieser Darlehen nicht erfolgen, solange eine Unterbilanz bestand. Nach den Neuregelungen wird nunmehr die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen gesetzlich angeordnet. Ferner können Rückzahlungen auf Darlehen, die innerhalb des letzten Jahres vor Stellung eines Insolvenzantrags erfolgt sind, vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Ist das Insolvenzverfahren nach dem 1.11.2008 eröffnet, finden ausschließlich die Neuregelungen Anwendung. Die Forderung eines Darlehensgebers, der länger als ein Jahr vor Insolvenzeröffnung kein Gesellschafter mehr war, ist nicht nachrangig und kann in der Insolvenz durchgesetzt werden.

Sachverhalt

Die Rechtvorgängerin der Klägerin hat der Schuldnerin im Jahr 2000 ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 1,5 Mio. DM gewährt. Im Jahr 2002 veräußerte die Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an die Mitgesellschafter und verpflichtete sich, der Schuldnerin weitere Darlehensmittel zu gewähren. Die Klägerin und die Erwerber erklärten bezüglich der Darlehen einen bis zum 31.12.2005 befristeten Rangrücktritt. Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Schuldnerin die Rückzahlung der Darlehen. Das Landgericht hat die Klage wegen eigenkapitalersetzender Darlehen abgewiesen. Am 4. 11.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Urteil vom 22.11.2010 gab das Berufungsgericht der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidung

Weil das Insolvenzverfahren erst 2010 eröffnet wurde, kann die Klägerin grundsätzlich die Rückzahlung der Darlehen durchsetzen. Auch ist die Forderung nicht als nachrangig zu behandeln, denn die Forderung eines ausscheidenden Gesellschafters soll nur für eine begrenzte Zeit der Subordination unterliegen. Zum Schutz vor kurzfristigen Gesellschafterwechseln zwecks Umgehung der Nachrangigkeit ist eine einjährige Frist, gerechnet ab dem Eröffnungsantrag, heranzuziehen. Die Klägerin ist früher als ein Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Schuldnerin ausgeschieden, so dass die Forderung nicht mehr als nachrangig zu behandeln ist. Ferner war die vertragliche Rangrücktrittsvereinbarung wirksam bis zum Ablauf des Jahres 2005 befristet.

Konsequenz

Hinsichtlich der Umstellung auf das zeitliche Konzept der Insolvenzordnung wird kritisiert, dass eine Rückzahlung der Darlehen und damit ein Vermögensabfluss nicht mit einem Gesellschafterwechsel vergleichbar ist.

 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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